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Zeitschrift TRAUMA

TRAUMA - Zeitschrift für Psychotraumatologie und ihre Anwendungen; Schwerpunkt Opfer rechter Gewalt

Bis zu vier Angriffe täglich registrieren die Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in der Bundesrepublik Deutschland. Nach den Recherchen der Amadeu Antonio Stiftung sind seit dem Jahr der Wiedervereinigung 1990 mindestens 198 Todesopfer sowie zwölf weitere Verdachtsfälle auf rechte Gewalt zurückzuführen. Die Dunkelziffer dürfte noch wesentlich höher ausfallen.

Die aktuellen, in der Öffentlichkeit sehr präsenten Verbrechen, wie der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (2019), die mit „NSU 2.0“ unterzeichneten Drohbriefe an eine Frankfurter Anwältin, die Anschläge von Halle (20219) und Hanau (2020) sowie die aufgedeckten Terrorpläne einer rechtsextremen Terrorzelle namens „Gruppe S“ im Februar 2020, stellen lediglich die erschreckende „Spitze des Eisbergs“ der verschiedenen Ausprägungen rechter Gewalt gegen Menschen dar. Von den Zahlen nicht erfasst werden all die Menschen, die in den letzten Jahren durch physische und psychische rechte Gewalt verletzt, geschädigt, bedroht und verunglimpft worden sind.

Viele Menschen wurden getötet oder verletzt, weil für sie im Weltbild der extremen Rechten kein Platz ist, manche, weil sie den Mut hatten, sich der Nazi-Polemik entgegen zu stellen.

Das Schicksal der Opfer wird in der Öffentlichkeit kaum thematisiert. Für die Überlebenden und Ihre Familien bedeutet ein solcher Angriff mitunter einen tiefen Einschnitt in ihr Leben, teilweise mit schwerwiegenden und sehr belastenden Folgen. Viele sind nach einem Angriff traumatisiert.




Inhalt des Heftes:

„Es gibt hier keine Sicherheit“: die langfristigen Folgen rassistischer Gewalt (Heike Kleffner)

Täglich ereignen sich drei bis vier rechts, rassistisch oder antisemitisch motivierte Gewalttaten in Deutschland. Doch die Perspektive der Angegriffenen wird allzu oft in der Berichterstattung nicht berücksichtigt. Anhand von zwei Beispielfällen aus Sachsen-Anhalt werden die langfristigen Konsequenzen rassistischer Gewalt beschrieben, die das Leben der direkt und indirekt Betroffenen auch dann noch beeinträchtigen, wenn die juristische Aufarbeitung der Taten abgeschlossen ist.

Antisemitismus als biographische Erfahrungskategorie (Marina Chernivsky)

In den hiesigen Debatten um Antisemitismus spielt die Kontinuität und Wirkung von Antisemitismus als eine lebensgeschichtliche (biographische) Erfahrungskategorie eine eher untergeordnete Rolle. Im Umgang mit Antisemitismus als biographische Erfahrungskategorie stellt die Vergangenheit aber einen wichtigen Bezugspunkt dar. Es ist unbedingt erforderlich, stets die Expertisen und Erfahrungen von Betroffenen einzubeziehen und zu würdigen. Die Ausdehnung des Aktionsradius und die Schärfung der Wahrnehmbarkeit von Antisemitismus als eine real existierende Ausgrenzungs- und Gewaltpraxis spielt dabei eine zentrale Rolle.

Der pädagogische Umgang mit Antisemitismus an Schulen. Forschungsbefunde aus dem Schulalltag in Deutschland (Julia Bernstein, Florian Diddens)

Die Erfahrungen jüdischer Schülerinnen werden mit den Wahrnehmungs- und Handlungsmustern von nichtjüdischen LehrerInnen kontrastiert, um nachzuzeichnen, wie sich Antisemitismus trotz seiner sozialen Ächtung an Schulen verfestigt hat. Der antisemitischen Diskriminierungspraxis stehen Bagatellisierungen des Antisemitismus vieler Lehrkräfte gegenüber, aber auch Antisemitismus unter Lehrkräften. Besondere Herausforderungen im Umgang mit Antisemitismus stellen sich bei der Gleichsetzung von Antisemitismus mit Rassismus, dem Umgang mit israelbezogenem Antisemitismus und dem Umgang mit nationalsozialistischer Symbolik und Vernichtungsphantasien.

Hate Speech von rechts (Annika Ross)

Hate Speech, egal ob sie Rassenhass, Fremdenfeindlichkeit oder Antisemitismus propagiert, hat den immer gleichen Kern: die kommunikative Herstellung menschlicher Minderwertigkeit. Aber die Hasskommentare im Internet haben kein Gesicht. Keine Identität – keine Verantwortung. Die Anonymität lässt auch die letzte Hemmschwelle sinken. Die Opfer hingegen verlieren ihr Gesicht. Doch wo entsteht rechte Hate Speech? Wie hoch ist ihr Anteil in all den Hasskommentaren, die jeden Tag gepostet werden? Wer sind die Täter? Wer sind die Opfer? Und ist Gegenwehr überhaupt möglich?

Toxische Männlichkeit: Entstehung von rechter Gewalt (Sebastian Tippe)

Toxische Männlichkeit beschreibt sozialisationsbedingte problematische und schädigende Denk- und Verhaltensweisen von Jungen und Männern. Diese bilden sich durch Abgrenzung zu allem vermeintlich nicht Männlichem heraus – vor allem in der Abspaltung zu allem „Weiblichen“ sowie zu allem, was das Konstrukt der hegemonialen Männlichkeit gefährden könnte. Dabei schaden Männer nicht nur anderen, sie schaden dabei auch sich selber. Der Zusammenhang von toxischer Männlichkeit und rechten, rassistischen und antisemitischen Einstellungen und Gewalt wird in diesem Beitrag dargestellt. Anschließend werden Lösungsansätze für die Dekonstruktion von toxischen Geschlechterkonstruktionen vorgestellt.

Verfolgungswahn, Zerstören und Totschlagen – zur Psycho- und Soziogenese rechter Gewalt (Wolfgang Leuschner)

In diesem Beitrag wird aufgezeigt, wie es schon in der frühen Kindheit in bestimmten familiären Verhältnissen zur destruktiven Grundstörung der primitiven rechtsextremistischen Hasslogik und Vernichtungsangst kommen kann. Die Hasseffektlogik wird in späteren Lebensphasen in organisierten Kollektiven „scharf gemacht“ und kann sich zu radikaler Mitleidlosigkeit gegenüber Minderheiten, zu tätlicher Gewalt, Brand- und Mordanschlägen steigern und schließlich auch in Pogromen Ausdruck verschaffen.

Retraumatisierung von Geflüchteten durch rassistische Gewalt – Erfahrungen aus der Betroffenenberatung (Kai Stoltmann)

In den letzten Jahren verzeichnen Beratungsstellen für Betroffene von rechten Angriffen einen deutlichen Anstieg von Gewalttaten im Kontext von Flucht und Migration. Das Motiv dahinter lautet Rassismus, der sich besonders deutlich gegen Geflüchtete richtet. Die Opfer haben häufig bereits in ihren Herkunftsländern und auf der Flucht traumatisierende Erlebnisse gehabt. Durch ihre erneute Gewalterfahrung in Deutschland, wo sie sich eigentlich sicher fühlen wollten, werden diese Erfahrungen aktualisiert.

Niedrigschwellig, ganzheitlich, sozialarbeitend – Psychosoziale Beratung von Betroffenen rassistischer Gewalt mit Fluchterfahrung (Lena Nowak)

Geflüchtete Menschen, die rassistische Gewalt erleben mussten, sind zumeist biospsychosozial hoch belastet. Gleichzeitig sind die Versorgungseinrichtungen für diese Klientel nur eingeschränkt zugänglich. Für die spezialisierten Unterstützungsprojekte ist wiederum die Zielgruppe aufgrund sprachlicher, kultureller und örtlicher Barrieren oft schwer erreichbar. Benötigt wird daher eine niedrigschwellige und bedarfsgerechte psychosoziale Hilfe. Ein Therapieschulen-übergreifender Ansatz einer bedürfnisorientierten Diagnostik und Intervention kann unter Einbeziehung der Lebenswelt ein hilfreiches Modell in der professionellen Unterstützung sein.

Solidarisch [&] Professionell: Zwei Jahrzehnte unabhängige Beratung für Betroffene rechter, rassistisch und antisemitisch motivierter Gewalt (Heike Kleffner, Ceren Türkmen)

Die Zeitschrift „TRAUMA – Opfer rechter Gewalt“ kann hier portofrei für 19 Euro bestellt werden:

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